Der Landesregierung auf den Zahn fühlen

Hallo allerseits,

am Donnerstag den 26.01. waren der Ministpräsident von Ba-Wü Kretschmann und Wissenschaftsministerin Theresia Bauer zu Gast an der Uni Freiburg. Am abendlichen Vortrag nahm ich auch Teil und habe in der Fragerunde das Wort ergriffen.

Meine Frage richtete sich auf den Spitzelfall Simon Bromma. Wem das nichts sagt, der kann hier einen guten Einblick gewinnen. Ich habe gefragt, ob in Freiburg ebenfalls in dieser Form Spitzel eingesetzt wurden bzw. werden und falls ja, wieviele. Insbesondere im Lichte einer Äußerung des ehemaligen Vorsitzenden des RCDS Thomas Volk stellte sich mir diese Frage. Thomas, der laut eigenen Angaben über gute Kontakte zum Verfassungsschutz verfügte, sagt in einem Interview im Jahr 2009 gegenüber dem 14Magazin zu einem Mitglied einer Linken Studierendengruppe, dass sie sich „sicher unter Bewachung fühlen“ könnten. Bewachung, nicht Beobachtung.

Die Ministerin Bauer hat zwar etwas gesagt, aber meine Frage nicht beantwortet. Was sie sagte, war dennoch unangenehm aufschlussreich: Der Einsatz von verdeckten Ermittlern sei ein schwieriges Feld, man sei gerade dabei hier die rechtlichen Rahmenbedingungen zu prüfen usw. Aber ein wie auch immer geartetes „nein“ war nicht Teil ihrer Antwort. Das ist nicht nur mir, sondern u.a. auch den Menschen von Radio Dreyeckland aufgefallen, die aus diesem Anlass meine Mitvorstände zu einem Interview eingeladen haben.

Da die Veranstaltung auf Video aufgezeichnet wurde, kann man nachhören und gucken, was ich gefragt habe. Ich komme ab 57:55 zu Wort und die „Antwort“ kommt ab 63:10.

Es grüßt,

Lennart

P.S. Das Thema greife ich auch in meinem Artikel für die nächste Ausgabe des u-boten auf. Wie immer dürft ihr schon vorher lesen, was ich schreibe.

Am Donnerstag den 26.01. hat der Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg Winfried Kretschmann (Grüne) die Uni Freiburg besucht. Gemeinsam mit der Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) besichtigte er die Uni und hielt am Abend im Audimax einen Vortrag. Inhaltlich gab es die üblichen Sätze über die Universität und ihre Rolle in der Gesellschaft. Allerdings gab es auch einige interessante Dinge, die hier erwähnt werden sollten: Kretschmann sieht die staatliche Grundfinanzierung der Hochschulen an ihre Grenzen gebracht. Seiner Ansicht nach sollte der Bund mehr finanzielle Lasten tragen. Dass Deutschland seine Bildungsausgaben gemessen am BIP um rund 25% erhöhen müsste, um den OECD-Durchschnitt zu erreichen, wurde von Kretschmann in seinen Ausführungen nicht berücksichtigt. Den größten Szenenapplaus gab es, als Kretschmann – persönlich übrigens Gebührenfreund – über die Abschaffung der allgemeinen Studiengebühren und die vollständige Kompensation der wegfallenden Mittel durch das Land sprach. Gegen Ende seines Vortrags machte Kretschmann nochmal seine Marschlinie zur Finanzierung von Unis klar: „Es gibt kein Geld für nicht reformierte Strukturen“.

Diese Position hatte er bereits zuvor in einem Gespräch am Nachmittag, an dem auch Studierende teilnehmen durften, verdeutlicht. Es ging dabei um das University College Freiburg (UCF), das demnächst geschaffen werden soll, und dem ihm angegliederten Bachelor of Liberal Arts and Sciences (BLAS). Es handelt sich dabei um einen vierjährigen Bachelorstudiengang, in dem Studierende einen major wie z.b. life science oder governance, wissenschaftstheoretische Kurse, Sprachkurse sowie einen minor und eine Reihe von Wahlpflichtkursen belegen. Zentrale Prinzipien sind Interdisziplinarität, Wahlfreiheit und problemorientiertes Arbeiten. Soweit so, so gut: Warum dürfen die anderen 23.000 Studierenden der Uni Freiburg nicht so studieren? Zu der Nachfrage, warum man jetzt Geld ausgeben kann, um ein kleines Prestigeprojekt zu finanzieren – es werden voraussichtlich 100 Studierende zugelassen -, wenn die Uni nicht einmal ausreichend Biliotheksarbeitsplätze zur Verfügung stellen kann, sagte Kretschmann Folgendes: „solange die Strukturen nicht überarbeitet sind, gibt es kein Geld“. Dass die Bibliothekssituation nichts mit dem Aufbau der Studiengänge zu tun hat, konnte von den Studierenden leider nicht zur Sprache gebracht werden, da die zehn Minuten, die man sich für die Diskussion eingeräumt hatte, dann bereits vorbei waren.

Doch zurück zum Vortrag: Nach dem Vortrag wurden die Mikrofone für Fragen aus dem Publikum geöffnet. Auch hier wurde das Thema Wohnraumpolitik angesprochen: Kretschmann versprach, dass 4 Millionen Euro, die dem Land durch die Erhöhung der Gewerbesteurer zur Verfügung stehen, zusätzlich für studentischen Wohnraum zur Verfügung gestellt werden sollen. Es steht zu hoffen, dass das umgesetzt wird. Theresia Bauer kritisierte das Leitbild der unternehmerischen Hochschule, da Hochschulen sich ihrer inneren Logik als auch ihrer Zielsetzung nach – so Bauer – von Unternehmen unterscheiden.

Ich habe nachgefragt, ob in Freiburg auch Spitzel aktiv waren bzw. sind, um die Studierende zu überwachen. In Heidelberg wurde ein verdeckter Ermittler des Landeskriminalamtes eingesetzt, um studentische Kreise präventiv zu unterwandern und auszukuntschaften – ohne jedweden konkreten Tatverdacht versteht sich. Der LKA-Beamte Simon Bromma hatte sich unter dem Decknamen Simon Brenner an der Uni Heidelberg eingeschrieben, besuchte Vorlesungen und Seminare, Demonstrationen und Treffen linker Gruppen. Insbesondere im Lichte einer Äußerung des damaligen Vorsitzenden des RCDS Thomas Volk stellte sich mir diese Frage. Thomas, der laut eigenen Angaben über gute Kontakte nach Stuttgart verfügte, sagt in einem Interview im Jahr 2009 gegenüber dem 14Magazin zu einem Mitglied einer Linken Studierendengruppe, dass sie sich „sicher unter Bewachung fühlen“ könnten. Bewachung, nicht Beobachtung.

Die Ministerin Bauer hat dann zwar etwas gesagt, aber meine Frage nicht beantwortet. Was sie sagte, war dennoch unangenehm aufschlussreich: Der Einsatz von verdeckten Ermittlern sei ein schwieriges Feld, man sei gerade dabei hier die rechtlichen Rahmenbedingungen zu prüfen usw. Aber ein wie auch immer geartetes „nein“ war nicht Teil ihrer Antwort. Ich finde das beunruhigend.

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